Der innere Weg
Der innere Weg beginnt in meinem Verständnis als ein Weg mitten hinein ins Menschsein: Den Körper zu bewohnen, zu fühlen, Erfahrungen zu machen, unsere Sicht aufs Leben und uns selbst kennenzulernen. Wenn wir uns immer mehr einlassen und das Geschenk dieses Lebens wirklich annehmen, dann erfahren wir beides: die Intensität und Fülle unseres Seins UND unsere Begrenzungen, Missverständnisse und die bewusste Nähe mit unserem Leiden.
Zuerst besteht unser Leben darin, eine Strategie zu entwickeln, diesem Leiden zu entkommen, zu vermeiden, dass wir Schmerz, Angst, Grenzen, Verlorenheit, Verurteilung spüren – alles, was in der Tiefe schmerzt und trifft. Und genau diese Vermeidung, die das spirituelle Enneagramm mit den drei Geistesbewegungen: Widerstand, Suche nach Liebe und Angst vor der Angst beschreibt, ist das größte Hindernis für die Nähe zu uns selbst. So lehrt uns der innere Weg, das Vertrauen und die Bereitschaft zu entwickeln, uns zu fragen, wo wir wirklich stehen, was wir empfinden, woran wir festhalten, woran wir glauben. An diesem ehrlichen Standort, an dem wir immer weniger vermeiden und kaschieren müssen, können in wir in Kontakt kommen mit uns selbst, mit unserer Tiefe, mit unserer Geschichte. Hier beginnt ein innerer Weg.
Für die meisten Menschen ist es ungewohnt, die Aufmerksamkeit wirklich nach innen und auf sich selbst zu richten. Wir sind absorbiert vom Tun und Machen und müssen oft erst lernen, uns den Wert und die Stille zu schenken, nach innen zu lauschen und die inneren Augen zu öffnen. Ein innerer Weg ist in erster Linie eine Haltung der Aufmerksamkeit – und nicht ein „spirituelles Leben“ nach bestimmten sichtbaren Maßstäben. Wenn wir unseren Blick nach innen wenden, verwandelt sich mit der Zeit unsere Sicht und wir beginnen, Unterscheidungskraft zu entwickeln.
Innere Arbeit
Wir legen das frei, was wir wirklich sind, indem wir aufdecken und erkennen, was wir nicht sind. Unser Wahres Wesen ist überlagert durch unseren Geist, durch ein Ich, für das wir uns halten, eine ganz bestimmte Sicht von uns selbst und dem Leben, die wir unbewusst übernommen haben. Irgendwann früher oder später stoßen wir an die Grenzen dieser Ich-Welt und verspüren Leiden. Vielleicht haben wir Beziehungsprobleme oder fühlen uns ohnmächtig und kraftlos, vielleicht haben wir viel Angst im Leben oder leiden an Minderwert und Zurückgezogenheit. Gleichgültig, was unser Problem ist, wir können es zum Anlass nehmen, nicht in erster Linie die äußere Situation als Ursprung zu verstehen, sondern uns selbst zu fragen: Was ist mein Missverständnis über mich und damit das Leben? Woran glaube ich? Wofür halte ich mich, andere Menschen, das Leben selbst?
Das ist der Beginn von Innerer Arbeit. Wir erforschen unseren Geist, lernen zu hören, was er sagt, und fühlen, welche leidvollen Konsequenzen das für uns hat. Anders als wir „Arbeit“ sonst vielleicht kennen, müssen wir sie nicht tun (z.B. um uns selbst zu „verbessern“). Sie ist einfach Ausdruck einer Hinwendung zu uns selbst: uns in unserem Leiden ernst zu nehmen; unserem Sehnen nach Liebe und Wahrheit Raum zu geben; unser menschlichen Potenzial entfalten und leben zu wollen.
Indem wir unsere Identifikationen sehen und durchdringen, legt sich das in uns frei, was wir wesenhaft und natürlich sind. Es muss nicht „erarbeitet“ werden, denn es ist einfach da und zeigt sich, drückt sich aus, überraschend und frisch.
Heilung und Entfaltung
Es gibt grundlegend zwei innere Bewegungen, die uns auf dem Weg begleiten. Eine nach innen führende, in die Tiefe, Dunkelheit und nach unten fließende, regressive Bewegung. Und eine nach außen, oben, in die Weite und ins Lichte führende, sich entfaltende Bewegung. Wir spüren es z.B. in Phasen, wo wir mehr als sonst mit alten Wunden, kindlichen Gefühlen oder auch körperlichen Einschränkungen in Kontakt sind. Während in anderen Momenten unsere Entfaltung im Vordergrund steht, die Kraft zu leben, etwas Neues auszuprobieren, sich auszudrücken. Beides kommt natürlicherweise vor in uns und auf unserem Weg: die Heilung – ein weibliches, inneres Prinzip – und die Entfaltung als ein männliches, inneres Prinzip (unabhängig vom Mann – oder Frausein).
Die Heilarbeit z.B. in Form der Heilkreise, die ich anbiete, lädt Menschen ein, dieser Bewegung nach innen und zur inneren Wunde vertrauensvoll zu folgen. Da wir zunehmend in einer Welt leben, in der alles Sichtbare, Machbare, das Weiterwachsen, das Größer – und Höherwerden die einzige Wirklichkeit ist, braucht die Bewegung nach innen, in die Tiefe und Dunkelheit einen bewussten Platz. Heilung ist ein Integrationsprozess, in dem das wieder als Teil von uns wahr- und angenommen wird, was abgespalten war. Die Wunde, das „Unheil“, das wir fühlen, ist nichts, was uns wirklich fehlt, weggenommen, angetan worden ist, auch wenn sich das im ersten Moment so anfühlt. Wir selbst wollten etwas nicht mehr fühlen, erleben, sehen und können nun zulassen, dass nach und nach alles zurückkommt, was Teil der Wirklichkeit und Teil von uns selbst ist.
Das
spirituelle Enneagramm
Als Landkarte für die Innere Arbeit nutze ich seit vielen Jahres das
spirituelle Enneagramm. Das Enneagramm erschien im Westen zum ersten Mal in der
Lehre des armenischen Mystikers Gurdjieff. Populär wurde es dann vor allem
durch den chilenischen Psychiater Claudio Naranjo, der die Theorie des
Enneagramms mit seinen eigenen Erfahrungen im klinischen und therapeutischen
Bereich verknüpfte und damit in den USA arbeitete. Aus diesem Weg, den das
Enneagramm im Westen nahm, ergaben und ergeben sich bis heute unterschiedliche
Ebenen, wie es verstanden und genutzt werden kann - vom Verständnis einer
Typenlehre bis hin zu einem Werkzeug für den spirituellen Weg.
Das Symbol des Enneagramms gibt Aufschluss über die Art und Weise, wie ein
Mensch sich von seinem Innersten trennt, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Dabei beschreibt es neun sogenannte Charakterfixierungen, d.h. neun verengte
und automatisierte Perspektiven, aus der ein Mensch sich selbst und die Welt
wahrnimmt, und die verhindern, dass er diesem Moment real, offen und angemessen
begegnen kann. Gleichzeitig zeigt das Enneagramm Schritte der Wandlung auf.
Welche inneren Welten müssen wieder ins Bewusstsein treten, damit ein Mensch
die Wirklichkeit seiner selbst und des Lebens überhaupt wahrnehmen kann? Welches
menschliche Potenzial ist in uns angelegt, jenseits der bekannten Muster?
Das spirituelle Enneagramm ist ein unbestechliches Werkzeug für die
Selbsterforschung, weil es, unabhängig von der "Meinung" eines
Therapeuten, ein universelles Wissen über den Geist und seine Strukturen zur
Verfügung stellt. Es geht hierbei nicht um eine rein mentale
Wissensvermittlung, sondern einen lebendigen Erforschungsprozess mit Bauch,
Herz und Kopf, der unbewusste, geistige Leidensstrukturen in unser Bewusstsein
bringt und uns den Raum öffnet, tiefer zu fallen in das unbekannte Sein. Diese
Basis des Enneagramm fließt in meine Seminare ein, manchmal offensichtlich,
oftmals auch als innere Landkarte für die Selbsterforschung.
Das Konzept der Drei Gehirne
ist ein hilfreiches Konzept, um den inneren Fluss der Kraft, die Erforschung, wie wir ihn behindern und unsere Verbundenheit als Mensch mit dem Kosmos fühlend zu erfahren.
Dazu ein Zitat von OM C. Parkin aus dem Lehrbuch „Intelligenz des Erwachens“ (S.170/171)
„…Die drei Geburten entsprechen dem Gesetz der Drei, welches Gurdjieff als ein universelles, ein kosmisches Gesetz beschreibt. Dieses Gesetz besagt, dass sich die gesamte Manifestation aus einer Dreiheit entfaltet, dass es drei grundlegende Kräfte gibt, welche an der Manifestation beteiligt sind: 1. eine gebärende, schöpferische Kraft, 2. eine bewahrende, wegweisende, oder auch vermittelnde Kraft, sowie 3. eine zerstörerische oder auch auflösende Kraft. Diese Kräfte finden sich in der Dreiheit von Geburt, Leben und Tod wieder, oder auch: der Mensch zwischen Himmel und Erde…
Diese drei Kräfte, wie sie durch das Gesetz der Drei in Wirkung gelangen, manifestieren sich im menschlichen Organismus durch die drei Zentren der Intelligenz, seine drei „Gehirne“ oder drei feinstoffliche Hauptzentren im Energiekörper des Menschen.“
Diese drei Zentren sind unser Bauch-, unser Herz- und unser Kopfzentrum und können von uns sehr direkt wahrgenommen werden in ihrer Qualität, wie auch in ihrer Verbindung untereinander. Hier wird die Lehre des Enneagramms, die auf dem Gesetz der Drei beruht, konkret spürbar und kann genutzt werden für energetische Wahrnehmung, Heilprozesse und Innere Arbeit.
Die Wahrnehmungsschulung der Drei Gehirne und die Öffnung für einen inneren Energiefluss wie auch das Erkennen der Störungen desselben, die Verbundenheit mit kosmischen Prinzipien und damit die Einbettung in die Große Ordnung, ein Geschehen, was über die persönlichen Prozesse hinaus geht und sie nährt und ordnet, sind ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit.